Hypnotische Kommunikation in Alltagssituationen
Bestimmt kennen Sie das: Nach gefühlt mehreren Stunden Wartezeit an der Hotline der Firma XYZ bekommen Sie endlich den gewünschten Ansprechpartner an den Apparat. Sie schildern Ihr Problem und haben vielleicht auch selbst schon eine Lösung im Kopf, die Sie im Gespräch vorschlagen. Manchmal hat man Glück und die Lösung wird schnell umgesetzt. Gelegentlich scheitert man jedoch an Bürokratie oder einfach nur an Sturheit.
So geschehen letzte Woche mit einem großen, deutschen Telekommunikationsanbieter. Schon seit mehreren Monaten ärgere ich mich mit meiner Modem-/Routerkombi rum. Modell A hatte einen "Known Bug", also einen bekannten Fehler, der aber in meinem Fall nicht behoben werden konnte. (Austausch-)Modell B enttäuschte in jeglicher Hinsicht. Gerne hätte ich mir Scherereien erspart und selbst ein funktionierendes Gerät erworben, aber das will der Anbieter nicht: Lediglich von der Firma selbst zur Verfügung gestellte Geräte funktionieren an meinem Anschluss.
Eine reichlich blöde Situation, jedoch wurde für das erste Quartal 2014 ein Nachfolgemodell in Aussicht gestellt, das mir einen reibungslosen Zugang sowohl zum Internet als auch zum Telefonnetz ermöglichen sollte. Im Februar 2014 wurde mir der Austausch telefonisch zugesichert. Auf Nachfrage im April 2014 hieß es dann jedoch: Tut uns leid, neue interne Richtlinien - ein Austausch ist leider nicht möglich. Mein Hinweis, dass dieser jedoch schon zugesichert wurde, wurde nur mit einem betrübten "Tut mir ja selbst leid, sowas" seitens der Kundenhotline beantwortet. Tschüss und aufgelegt. Zwei Tage später nochmal probiert. Die Hotline hatte den Fall schon notiert und meinte nur, dass man mir keine neue Auskunft geben könnte, es geht einfach nicht. Und nun?
Hypnose und das Denken in Möglichkeiten
Hypnose ist die Kunst, selbst in den verfahrensten Situationen noch eine gute und gangbare Lösung zu finden. Wir erleben das tagtäglich aufs Neue mit unseren Klienten: Sebst jahrelang persistierende Probleme, die scheinbar unlösbar sind, lassen sich lösen, sobald man die Perspektive wechselt und den Hebel richtig ansetzt. Ich griff also nochmal zum Hörer mit der festen Absicht, diesmal ans Ziel zu gelangen. Dienlich sollte mir dabei das Werkzeug der hypnotischen Kommunikation werden - ein Sprachstil, der nicht nur unglaublich lösungsorientiert ist, sondern zudem Einwände aushebeln und Möglichkeiten eröffnen kann:
Hotline: "Guten Tag, hier Manfred Mustermann von der XYZ Telekommunikation. Wie kann ich Ihnen helfen?"
Ich: "Schön, dass ich mit Ihnen sprechen darf! Ich bin schon seit vielen Jahren sehr zufriedener Kunde bei Ihnen, habe aber derzeit ein ziemlich großes Problem, an dem sich Ihre Kollegen leider schon die Zähne ausbeißen durften. Gerne würde ich nochmal einen Anlauf mit Ihnen wagen und bin gespannt, wie schnell wir gemeinsam eine Lösung finden. Darf ich Ihnen meinen Fall kurz schildern?"
Hotline: "Nur zu!"
Ich: schildere den Fall. Dann: "Gerne würde ich weiterhin Kunde bei Ihnen bleiben und eine Kündigung wäre die letzte Lösung, die ich eigentlich vermeiden will und hoffentlich auch kann. Allerdings habe ich momentan leider keine Möglichkeit, meinen Telefonanschluss wie vorgesehen zu nutzen. Ihre Kollegen meinten schon, dass ein Austausch nicht möglich wäre, obwohl er mir eigentlich zuvor schon verbindlich zugesagt wurde. Ich weiß nicht, wie es Ihnen da geht - aber ich persönlich bin sehr enttäuscht, wenn ich ein Versprechen bekomme, das nicht eingehalten wird. (Pause) Gerne würde ich Ihrer Firma nun jedoch die Chance geben, das wieder gut zu machen - und bin gespannt, wie wir das nun gemeinsam in den Griff bekommen. Haben Sie das mögliche Austauschmodell XYZ denn gerade vorrätig?"
Hotline: (schaut kurz nach ...) "Ja, das Gerät wäre da."
Ich: "Angenommen, Sie würden mir das Gerät nun kulanterweise zukommen lassen ... und nicht nur das Versprechen einhalten, das mir Ihre Firma bereits gegeben hat, sondern darüber hinaus einen begeisterten Kunden behalten, der sieht, dass bei Ihnen Menschen arbeiten, die selbstständig Entscheidungen treffen dürfen und wo der Kunde tatäschlich im Mittelpunkt steht ... ich weiß nun natürlich nicht, ob Sie bei sich im Haus die entsprechende Kompetenz haben, das hier und jetzt selbst entscheiden zu dürfen - aber angenommen, es wäre so: Wie genau könnten wir den Austausch nun vornehmen?"
Hotline: (denkt kurz nach ...) "Nun - ich könnte Ihnen das Gerät morgen früh rausschicken, so dass es noch rechtzeitig vor Ostern da ist. So quasi als kleines Ostergeschenk. Was halten Sie davon?"
Ich: "Perfekt, vielen Dank! Lassen Sie uns bitte nochmal kurz die Versandanschrift abgleichen."
Fall gelöst - und das in unter zwei Minuten. Bei den vorherigen Gesprächen war ich bis zu einer Stunde in der Hotline, da ich durch verschiedene Instanzen geschaltet wurde (Buchbinder Wanninger lässt grüßen). Keine Zauberei, sondern das Ergebnis einer Kommunikation, die sich an das Unbewusste richtet - hypnotische Sprache, eben. Wer das gerne selbst ausprobieren möchte - bitte, gerne, hier ein paar Ratschläge dazu:
- Stets freundlich bleiben!
An der Hotline arbeiten auch nur Menschen. Laut oder ausfällig werden geht gar nicht - ganz gleich, wie verfahren die Situation auch sein mag. Manchmal hilft es, aufkeimende Gefühle auch zu thematisieren: "Ich bin im Augenblick wirklich sehr enttäuscht - weiß aber auch, dass Sie da persönlich nichts dafür können. Wahrscheinlich haben Sie auch tagtäglich mit Kunden zu tun, die am Telefon dann eher ungehalten werden, wenn sich keine Lösung abzeichnet. Ich weiß jedoch, dass uns das beiden nichts bringt - mir keine Lösung und Ihnen kein schönes Gespräch. Lassen Sie uns stattdessen doch lieber versuchen, gemeinsam auf einen guten Nenner zu kommen ..." - Rapport aufbauen.
Holen Sie Ihren Gesprächspartner raus aus der Anonymität und sorgen Sie für eine persönliche Verbindlichkeit. "Haben Sie gerade auch so tolles Wetter wie wir hier in München ... (Pause), ojeh, ich weiß ja gar nicht, wo Sie eigentlich sitzen?", oder: "Ganz gleich, was bei unserem Gespräch rauskommt: Tolle Telefonstimme! Kompliment!"
Oftmals wird im Gespräch mit Kundenhotlines vergessen, dass am anderen Ende auch ein Mensch aus Fleisch und Blut sitzt. Ein paar persönliche Worte können wahre Wunder wirken und sorgen dafür, dass auch Sie als Mensch wahrgenommen werden. - Konsequenzen aufzeigen
Nicht drohen, nicht toben - aber sehr wohl unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass mangelnder Kundenservice Konsequenzen haben wird. "Bislang war ich ein sehr zufriedener Kunde und möchte das eigentlich auch bleiben. In der aktuellen Lage machen Sie es mir jedoch sehr schwer, Ihnen weiterhin die Treue zu halten. Ich würde ungern kündigen, jedoch bin ich darauf angewiesen, dass wir das Problem noch in diesem Gespräch irgendwie in den Griff bekommen. Sollte es wider Erwartens nicht klappen, muss ich Sie leider darum bitten, mich mit der Vertragsabteilung zum Zwecke einer Kündigung zu verbinden. Aber - so weit muss es ja nicht kommen, lassen Sie uns deshalb schauen, wie wir das Kind nun gemeinsam geschaukelt bekommen." - Den Gesprächspartner in die Pflicht nehmen
Ihr Telefonpartner zieht die rote Karte und teilt Ihnen mit, dass leider keine Lösung möglich wäre? Dann kontern oder motzen Sie bitte nicht - sondern ziehen lieber den Joker der hypnotischen Sprache und nehmen Ihr Gegenüber wieder in die Pflicht: "Ich verstehe. Aber bislang konnte mir Ihr Kundenservice eigentlich immer ganz toll aus der Patsche helfen. Manchmal auch einfach durch eine mutige Entscheidung oder durch Kulanz. Angeommen, Sie hätten nun doch eine Möglichkeit, für mich eine Lösung zu finden und Ihrem Unternehmen dadurch einen echten Fan statt nur einem einfachen Kunden zu bescheren ... wie könnten Sie das anstellen?" - Zur nächsten Instanz wechseln
Gelegentlich sind dem Hotlinemitarbeiter tatsächlich die Hände gebunden und er darf eine Entscheidung schlicht und ergreifend nicht fällen. Die verblüffend einfache Lösung: Zur nächsten Instanz wechseln. Bitte aber niemals "den Chef verlangen" - hier schalten die meisten Mitarbeiter erfahrungsgemäß stur. Statt dessen können Sie Ihren Wunsch eleganter (und für den Mitarbeiter zugleich würdevoller) formulieren: "Dann erstmal vielen Dank dafür, dass Sie sich soviel Zeit für mich genommen haben und natürlich auch für die Mühe, die Sie sich gemacht haben. Ich weiß, dass mein Anliegen eher schwierig ist und möchte Sie damit auch ehrlich gesagt nur ungern weiter beschäftigen. Nichts desto trotz bin ich auf eine rasche Lösung angewiesen. Wäre es Ihnen möglich, mich einfach kurz mit der Teamleitung (das ist im Fachjargon von Call Centern meist die nächst höhere Instanz) zu verbinden? Dann müssen Sie nicht den Kopf für irgend eine Entscheidung hinhalten und ich bekomme vielleicht trotzdem eine gute Lösung."
Übung macht den Meister - und nach ein paar Gesprächen werden Sie vielleicht erstaunt darüber sein, wie schnell sich Lösungen erreichen lassen, wo vorher die Firmenbürokratie nur Steine in den Weg gelegt hat. Alle Strategien funktionieren übrigens nicht nur am Telefon, sondern auch im echten Leben. Und nicht nur bei Reklamationen, sondern zum Beispiel auch dann, wenn man einen etwas attraktiveren Preis verhandeln möchte ...