Vielfalt statt Einfalt: Die bunte Welt der Hypnose.
Was kennzeichnet einen exzellenten Hypnotiseur?
Eine Frage, die der legendäre Hypnotiseur Milton H. Erickson mit einem einfachen Satz beantwortete - und damit zeitgleich seine bewundernswerte und unverwechselbare Haltung in Bezug auf angewandte Hypnose und Psychotherapie im allgemeinen zum Ausdruck brachte:
„A new therapy for a new client.“
Eine neue Therapie für einen neuen Klienten, oder sinngemäß: Jeder Klient ist einzigartig und hat somit eine einzigartige, klug durchdachte und eigens nur für ihn formulierte Hypnose verdient.
Maßgeschneidert statt Schema F lautet die Devise - damals wie heute! Der Vorteil liegt auf der Hand: Klienten erleben einen zielorientierten, flexiblen Ansatz, bei dem der/die Klient/-in samt ihrer oder seinen Veränderungswünschen im Vordergrund steht - und nicht etwa die jeweilige Methode.
Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig: Der Hypnose-Werkzeugkoffer.
Für einen solch klientenzentrierten Ansatz bedarf es eines gut gefüllten Werkzeugkoffers: Der moderne Hypnotiseur benötigt dehalb eine wohlsortierte Auswahl an verschiedensten Werkzeugen, etwa aus den Bereichen der Imaginationshypnose, der dynamischen Verfahren und auch der aufdeckenden Interventionen. Nicht zu viel (schließlich wollen wir in unserem Werkzeugkoffer noch den Überblick bewahren), aber gut genug gefüllt um verschiedenste Aufgaben meisterhaft bewältigen zu können. Jeder Klient ist anders, jeder Klient kommt mit seiner ganz individuellen Aufgaben- und Problemstellung. Nur, wer über ausreichend Handwerkszeug (und Flexibilität im Umgang mit selbigem) verfügt, kann hier durch meisterhafte Arbeit und dementsprechende Resultate glänzen.
Der bekannte Kommunikationswissenschaftler und Psychologe Paul Watzlawick brachte es auf den Punkt: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.“
Wenn ich als Hypnotiseur nur die Suggestivhypnose beherrsche, werde ich bei Klienten, die von der Lösung eines Initialtraumas profitieren würden (wie sie mit der aufdeckenden Hypnose möglich ist), kaum mehr als mangelhafte Arbeit leisten können.
Wenn ich andererseits aber Klienten, die eine Stärkung ihrer eigenen Ressourcen benötigen würden, lediglich regressiv behandle, werde ich auch hier keine dauerhafte Lösung in die Gänge setzen können - und schlimmstenfalls die Problematik und Symptomatik nur weiter verschlimmern.
Das Werkzeug muss zum Klienten passen, nicht der Klient zum Werkzeug.
Es gilt der unumstößliche Grundsatz: Das angewandte Werkzeug muss zwangsläufig zur Symptomatik und zum Veränderungswunsch passen! Genau deshalb benötigt der moderne Hypnotiseur auch eine gute Auswahl an Interventionen und Methoden. Denn: Selbstverständlich könnte ich auch eine Schraube mit dem Hammer in die Wand quälen, aber - das wäre weder für die umgebende Bausubstanz gut, noch für die Schraube, die vermutlich über kurz oder lang wieder aus der Wand fallen würde.
Der Ruf nach individuellen, punktgenau nach Klientenbedarf formulierten und vor allen Dingen nachhaltigen Lösungen wird deshalb immer stärker. Für den Hypnotiseur mag dies zuweilen anstrengender sein als auf vorskizzierte, vorformulierte Abläufe zurückzugreifen. Für Klienten jedoch der einzige Weg zur wahren, tiefgründigen Veränderung, die über ein paar Effekte innerhalb der Sitzung hinausgeht und eine langfristige Befreiung von alten Lasten ermöglicht.
Bunte Vielfalt statt grau-trister Einfalt!
Kaum eine andere therapeutische Disziplin bietet auch nur annähernd so viele Ansatzpunkte, Interventionsstrategien und Möglichkeiten wie die Hypnotherapie. Diese unglaubliche Methodenvielfalt innerhalb eines Verfahrens, wie wir sie in der Hypnose erleben, ist nahezu einzigartig.
Kein „50 Shades of Grey“, das ja - ganz gleich, welche Schattierung sich nun darbietet, immer noch grau ist. Sondern bunte, farbenfrohe Lebendigkeit: Rot, Blau, Schwarz, Grün, Gelb, Lila!
Und Hypnotiseure tun gut daran, aus dieser Reichhaltigkeit zu schöpfen. Wobei es gar nicht immer eines separaten Kurses zu jeder Methode bedarf: Auch durch Fachliteratur oder kollegiale Intervision lässt sich viel dazulernen. Wichtig ist nur der Mut und die Entdeckungsfreude daran, einmal Neues auszuprobieren. Und anschließend die kluge Reflexion, auch nur das davon auszuwählen, was zu den eigenen Fähigkeiten und zum eigenen Stil passt.
So wächst nach und nach ein eigener Stil heran, der einen ganz und gar unverwechselbar und damit zum wahren Könner werden lässt: Was hätte sich Milton Erickson darüber gefreut!